Die Vereinbarung eines Stundenlohns von weniger als zwei Euro ist regelmäßig sittenwidrig und damit rechtsunwirksam, wenn die Vergütung mehr als 50 Prozent hinter der üblichen Vergütung zurückbleibt. Es liegt dann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers vor, das den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers erlaubt.
Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschieden. In dem Fall hatte ein Arbeitgeber zwei Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Bürohilfstätigkeiten gegen ein Entgelt von 100 EUR im Monat beschäftigt. Bei der abverlangten Arbeitsleistung ergab das einen Stundenlohn von weniger als zwei Euro. Das Jobcenter machte aus übergegangenem Recht weitere Lohnansprüche geltend. Es liege eine sittenwidrige Lohnvereinbarung vor, die den Arbeitgeber zur Zahlung der üblichen Vergütung verpflichte.
Das LAG hat der Klage des Jobcenters im Wesentlichen entsprochen. Die Lohnvereinbarungen führten zu einem besonders groben Missverhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers. Die für einen Lohnwucher erforderliche verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers werde bei dieser Sachlage unterstellt. Die Arbeitsleistungen seien für den Arbeitgeber von wirtschaftlichem Wert gewesen. Sie hätten ansonsten von ihm selbst oder seinen festangestellten Mitarbeitern ausgeführt werden müssen. Auch entlaste es den Arbeitgeber nicht, dass er den Leistungsempfängern eine Hinzuverdienstmöglichkeit habe einräumen wollen. Dies berechtige ihn nicht, Arbeitsleistungen in einem Umfang abzufordern, der zu dem geringen Stundenlohn führte.
Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 7.11.2014, 6 Sa 1148/14 und 6 Sa 1149/14.
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Oktober 2014
Anrechnung von doppelt zufließendem Einkommen
Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit seinem Urteil vom 17.07.2014 (Az. B 14 AS 25/13 R) eine dringende Gerechtigkeitslücke geschlossen.
Es hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, wie die Anrechnung von in einem Monat doppelt zufließenden Gehalt beim Bezug von Leistungen nach dem SGB II zu erfolgen hat.
In § 11b SGB II ist geregelt, um welche Beträge das Einkommen vor der Anrechnung auf den Bedarf zu bereinigen ist.
Unter anderem ist in § 11b II SGB II vorgesehen, das Erwerbseinkommen pauschal, solange nicht höhere Kosten nachgewiesen sind, um 100,00 € in jedem Monat, in dem das Einkommen erzielt wird zu bereinigen sind.
Weiter ist in § 11b III SGB II ein weiterer monatlicher anrechnungsfreier Betrag bei Erwerbseinkommen enthalten.
Im vom BSG entschiedenen Fall hat eine Person eine solche nicht bedarfsdeckende Erwerbstätigkeit ausgeübt, wobei in einem Monat dieser Person zwei Gehälter – das Gehalt vom Vormonat und das Gehalt für den aktuellen Monat – durch Gutschrift auf dem Girokonto der Person zugeflossen sind.
Das zuständige Jobcenter berücksichtigte auf diese beide Monatsgehälter jeweils den Freibetrag gem. § 11b II SGB II und den Freibetragsrahmen des § 11b III SGB II nur einmal.
Vollkommen zutreffend betont das BSG, dass der Freibetrag von 100,- € im Monat bzgl. Erwerbseinkommen gem. § 11b II SGB II nicht bezogen auf den Zuflussmonat je Monat einmal in Ansatz zu bringen ist, sondern vielmehr bezogen auf jeden Monatsverdienst einmalig zu berücksichtigen ist.
Dies begründet das BSG überzeugend damit, dass die in § 11b II SGB II getroffene Regelungen nach dem eindeutigen Willen des Bundesgesetzgebers den Anreiz zur Aufnahme und zum Erhalt einer nicht bedarfsdeckenden Tätigkeit schaffen soll, weswegen der Bundesgesetzgeber von jedem Monatsverdienst – unabhängig von dessen Zufluss – einen Betrag von 100,- € im Monat anrechnungsfrei belassen wollte, damit sich für die betroffene Person eine Erwerbstätigkeit lohnt.
Mit Blick auf dieses Ziel sind der Abzugsbetrag von 100,- € sowie der weitere Freibetrag je Monatsgehalt und nicht je Zuflussmonat vorzunehmen.